Dr. Annette Cramer

Was ist Musiktherapie?

Musiktherapie unterscheidet sich von anderen Therapien dadurch, daß sie „greift“ und „ergreift“, unmittelbar das emotionale Erleben anspricht und in die vierte Dimension von Zeit und Raum führt. Darüber hinaus kann sie an jene Entwicklungsphase anschließen, in der wir präverbal Kontakt hatten, in der wir – ohne Angewiesen-Sein auf Sprache – Kommunikation ganzheitlich erlebten. Im Musikerleben (rezeptiv) und in der praktischen Erfahrung mit der Musik (aktiv) manifestiert sich ein personaler Gestaltungsprozeß, der zur Selbstverwirklichung beitragen kann.

Von den meisten Autoren wird Musiktherapie als eine Behandlungsmethode angesehen, die aufgrund einer zuvor gestellten Indikation nach medizinischen und speziell psychopathologischen Erfordernissen entwickelt und gezielt symptom- oder diagnosespezifisch durchgeführt werden soll (vgl. Willms 1977). Ihr Arbeitsgebiet ist weit gesteckt von der inneren Medizin bis zur Psychiatrie, Geriatrie, Neurologie, etc. Die umfassende Vielseitigkeit der Musiktherapie reicht von der Behandlung organischer Erkrankungen bis zur Therapie bei Hirnschäden, Neurosen und Psychosen. Sie kann Einfluß nehmen bei der Rehabilitation von Menschen mit körperlichen und seelisch-geistigen Behinderungen, Entwicklungs- und Verhaltensstörungen, Sprach- und Hörschäden.

Die verschiedenen Richtungen der Musiktherapie werden von dem theoretischen Erklärungshintergrund der verschiedenen Schulen bestimmt, die teilweise auf ganz unterschiedlichen medizinischen, psychologischen, pädagogischen und philosophischen Grundannahmen beruhen. Im Wesentlichen wird unterschieden zwischen

  • Heilpädagogischer Musiktherapie
  • Musiktherapie als psychotherapeutische Methode
  • Musik in der Medizin oder MusikMedizin

Alle drei Methoden stehen miteinander in Verbindung.

Zusätzlich wird unterschieden zwischen aktiver und rezeptiver Musiktherapie, wobei mit dem Begriff rezeptiv verdeutlicht werden soll, daß auch das Hören von Musik einen aktiven Vorgang darstellt